Am Samstag, den 20. Juni 2015 fand zum zweiten Mal ein „Spurengang“ durch Köln statt, der die aktuellen Enthüllungen zum Neonazi und Verfassungsschutzmitarbeiter Johann Helfer beleuchtete. Rund 100 Antifaschist_innen suchten im Laufe des Spaziergangs die Stationen Rathaus, Polizeiwache und Probsteigasse auf, um die rassistischen Verstrickungen in und die Verfehlungen der staatlichen Behörden rund um den NSU-Komplex zu benennen.
Mit vielfältigen Aktionen erinnerten sie an die beiden Bombenanschläge in der Keupstraße am 9. Juni 2004 und in der Probsteigasse am 19. Januar 2001. Vor der Polizeiwache hinterließen sie einen symbolischen „roten Faden“, der sich durch die Ermittlungen zum NSU zieht: diese seien rassistisch, und durch die Verflechtungen zwischen Staat und Nazis von mangelnder Transparenz geprägt, sagte eine Sprecherin der Antifa’Korrdination Köln und Umland (AKKU). Dies sei auch der Grund, warum die Verantwortlichen keine Konsequenzen zu fürchten hätten und das rassistische Klima in der Gesellschaft bestärkt würde.
Der jüngste Skandal um den Kölner Johann Helfer bestätigt diese Vorwürfe: Viele ungeklärte Fragen wurden nach der möglichen Täterschaft von Helfer aufgeworfen – aber auch danach, warum niemals zu einer mögliche Verbindung der Kölner Anschlagserie in den 90ern zu den Bombenattentaten des NSU und seiner Helfer_innen ermittelt wurde. Gab es eine viel frühere Kontiuität darin, dass fahrlässig bis mutwillig falsche Ermittlungen der Behörden Rassist_innen vor einer Strafverfolgung schützten?
In der Probsteigasse wies eine Rednerin auf die besondere Rolle des Verfassungsschutzes hin. Dieser hätte alles dafür getan, einen seiner Mitarbeiter zu decken und dafür sogar bewusst falsche Informationen gestreut. Den Zeugen, die den Mann gesehen hatten, der kurz vor Weihnachten 2000 die Bombe überbracht hatte, wurde ein undeutliches Foto von Johann Helfer vorgelegt. Die Qualität war so schlecht, dass sie den Neonazi nicht identifizieren konnten. Dabei dürfte es geeigneteres Material gegeben haben – AKKU hatte ein Foto aus sozialen Netzwerken veröffentlicht, das die frappierende Ähnlichkeit des ehemaligen Kamerdaschaftsführers mit dem Phantombild des mutmaßlichen Täter deutlich zeigt.
AKKU-Sprehcerin Lisa Müller sagte dazu während des Spurengangs: „Solange es keine politischen Konsequenzen für einen Geheimdienst wie den Verfassungsschutz gibt, der die Öffentlichkeit und die Betroffenen bewusst anlügt und hinters Licht führt; Solange dessen Kompetenzen trotz aller Skandale um die mögliche Beteiligung von VS-Mitarbeitern wie Johann Helfer an NSU-Taten noch ausgebaut werden, solange werden wir unsere Fassungslosigkeit darüber auf die Straße tragen und die sofortige Auflösung des Verfassungsschutzes fordern. Keupstraße ist überall. Probsteigasse auch.“
Abschließend legten die Teilnehmer_innen eine Schweigeminute ein, um ihre Solidarität mit allen Betroffenen der NSU-Anschläge zu bekunden.