Nicht mit der AfD reden und nicht reden lassen.
Wir solidarisieren uns mit allen, die am Sonntag verhindert haben, dass Konrad Adam, sozialchauvinistisches Arschloch und Vertreter einer rassistischen Partei in Personalunion, die Bühne überlassen wurde. Wir würden es wieder tun. Warum das im Rahmen einer Veranstaltung mit einer Intention wie Birlikte sie anführt, überhaupt ermöglicht werden sollte, bleibt schleierhaft. Ein Fest, das im Gedenken an die Opfer von Rechtsterrorismus und Rassismus ausgerichtet wird, sollte auch eine klare Kante gegen Rechte zeigen statt sie auf Biegen und Brechen salonfähig machen zu wollen.
Wer über Rassismus schweigt, soll von Demokratie nicht sprechen!
„Eine Demokratie sollte das aushalten können“ haben wir nun oft genug gehört und finden es nach wie vor naiv bis dumm. Denn das Verständnis der ehrenwerten Verteidiger*innen der Demokratie und deren Redebedarf erstreckt sich leider nur in eine Richtung – nach rechts. Statt darüber zu reden, wie einem Rechtsruck in der Gesellschaft entgegengewirkt werden kann oder mit Betroffenen über rechte Gewalt und staatlichen Rassismus zu sprechen, wird sich an diejenigen angebiedert, die das gesellschaftliche Klima vergiften. Alles im Sinne einer demokratischen Gesellschaft. Das ist dieselbe Demokratie, die es „aushalten“ muss, dass „besorgte Bürger“ pöbelnd durch die Straßen ziehen, alle angreifen, die nicht in ihr Weltbild passen, oder Geflüchtetenunterkünfte angreifen. Dieselbe Demokratie, die Neonazis seit Jahren den roten Teppich ausrollt, sei es bei ihren Aufmärschen, in ihren Vierteln, bei ihren Konzerten. Dieselbe Demokratie, die durch Vorratsdatenspeicherung, Anti-Terror-Pakete und zunehmende Polizeipräsenz die Rechte der Bürger*innen massiv zurückgebaut hat. Dieselbe Demokratie, in deren Namen die Grenzen dicht gemacht und Geflüchtete an den Grenzen Europas ermordet werden oder dies zugelassen wird. Wer von einer gleichberechtigten, demokratischen Gesellschaft träumt, sollte also eigentlich genug Betätigungsfelder finden.
Die Veranstalter*innen wollten aber nicht das, sondern genau den billigen Fame, den man sich derzeit abholen kann, wenn man sich in irgendeiner Form mit der AfD beschäftigt. Diese medienwirksame Selbstinszenierung als Meinungsaustausch zu verkaufen ist scheinheilig und verhöhnt Betroffene von rechter Propaganda und Gewalt.
Zwei Schritte vor, einen zurück….
„Das Schweigen (wahlweise die „political correctness“) hat die AfD erst groß gemacht“ ist ein weit verbreiteter Irrglaube und eine Tatsachenverdrehung par excellence. Hätte man sich also frühzeitig der „Sorgen“ und irren Ängste von AfD und Konsorten angenommen, säßen sie jetzt nicht in x Landtagen – im Ernst!? Das wäre ja schön, aber es sieht eher so aus, dass wir uns nur schon länger die rassistische und menschenverachtende Kackscheiße von Schießbefehlen, „afrikanischen Ausbreitungstypen“ und den besseren Nachbarn hätten anhören müssen. Und noch mehr verkappte Rassist*innen zustimmend nickend „endlich sagt’s mal jemand“ vor sich hinnuscheln hätten können. Und wenn die letzte beleidigende und verletzende „Meinungsäußerung“ mal ein bisschen drüber war, ist das jedes Mal ein Skandal – die Superdemokrat*innen schnappen empört nach Luft, die AfD revidiert oder leugnet ein bisschen – die Lügenpresse hat falsch zitiert, irgendwer ist auf der Maus ausgerutscht etc. – und das Spiel beginnt von vorn. Wer das für legitime Meinungsäußerung hält und das System der Inszenierung dahinter nicht erkennt, macht sich lächerlich und zum Spielball rechter Rhetorikmanöver.
Es ist ja auch nicht so, dass niemand mit der AfD redet – leider. Wir finden, es wurde schon mehr als genug mit der AfD geredet. Es vergeht de facto gar keine Woche, in der nicht irgendwer mit AfD-Parteiausweis in eine Talkshow oder zum Interview geladen wird. Und dann so richtig entlarvt wird… Wer glaubt denn ernsthaft, dass sich die Vertreter*innen hinterher so richtig entlarvt fühlen, sich auf ihr demokratisches Gewissen besinnen und gleich morgen aufhören, Rassist*innen, reaktionäre Chauvinist*innen oder Rechtspopulist*innen zu sein? Im Gegenteil, sie feiern sich dafür und es bestärkt sie darin, ihre Hetze zu verbreiten.
Und was bitte soll denn da entlarvt werden? Dass die AfD rassistisch ist? Dass sie antidemokratische Forderungen aufstellt? Dass sie sexistische und homophobe Inhalte vertritt und umsetzen will? Dazu braucht es keinen öffentlichen Auftritt, dazu reicht ein Blick in das Parteiprogramm, die zahllosen Interviews und Veröffentlichungen. Diejenigen, die die AfD wählen, tun dies obwohl oder gerade weil sie genau das vertritt.
Mit Rassist*innen kann es keinen „Dialog“ geben – es fehlt jegliche gemeinsame Grundlage dafür! Das einzige, was mit jeder neuen Einladung erreicht wird, ist dazu beizutragen, dass AfD-Positionen als legitime Bestandteile eines demokratischen Diskurses gelten.
Die ältere und jüngere Geschichte oder auch nur ein Blick ins europäische Ausland zeigen, dass extrem Rechte, wo immer man ihnen Raum lässt, auf der Bühne oder auf Straße, sie ihn nehmen und dadurch stärker werden.
Wir waren mal soweit erkannt zu haben, dass rechte Gewalt auch aus einer gesellschaftlichen Stimmung heraus passiert, nicht vom Himmel fällt und sich auch nicht von selbst stoppt. Die Neonaziclique, die später zum NSU wurde, konnte auf den Straßen Jenas wahllos Menschen angreifen, in einer Zeit, in der Rassismus staatlich vorgegebene politische Agenda war und brennende Flüchtlingsheime zum Alltag gehörten. In Frankreich ist mit der Etablierung des Front National auch die rechte Gewalt auf den Straßen brutaler geworden und im Umfeld von Pegida-Aufmärschen, deren parlamentarischen Ausdruck die AfD darstellt, kommt es, je mehr Raum man ihnen gibt, zu mehr Gewalt. Das ist kein Zufall, sondern Teil einer menschenverachtenden Ideologie. Wer ihnen zuhört und sie laufen lässt, der nimmt das in Kauf. Es ist wichtig, rechte Strömungen zu bekämpfen, und das auf allen Ebenen. Wer sie verteidigt oder ihnen Zucker in den Arsch bläst, der macht sich mitverantwortlich für ihren Aufstieg – und in der Welt, die die AfD anstrebt, wollen hoffentlich die Wenigsten leben.
Wenn wir jetzt alle mal zuhören, klappt’s bestimmt mit der Demokratie….
Diejenigen anzugreifen und zu diffamieren, die seit Jahren für einen konsequenten Antifaschismus und Antirassismus stehen und für eine befreite Gesellschaft kämpfen, ist angesichts der aktuellen Situation mehr als widerlich. Perfektioniert hat das der Kölner Stadtanzeiger mit einer beispiellosen von Linken-Hass zerfressenen Hetzkampagne gegen engagierte Antifaschist*innen (Stichwort „Bücherverbrennung“ , Meinungsterror etc.). Auch zeigt sich, wie das Extremismusmodell Teilen der bürgerlichen Gesellschaft den Kopf verdreht hat. Die Gleichsetzung von Links und Rechts, so wie es der RTL WEST Chef Jörg in seinem Kommentar (hxxps://www.facebook.com/rtlwest/videos/1109390295778633/) mit der Formulierung „Antifaschisten, die sich wie Faschisten verhalten“ tut, spricht Bände. Nichts anderes haben wir erwartet, das DuMont-Medienmonopol und die RTL Group haben sich selten durch ausgewogene Berichterstattung hervorgetan.
Wir versuchen, extrem rechte Aufmärsche zu blockieren, über rechte Ideologie aufzuklären, uns neonazistischer Gewalt direkt entgegenzustellen oder auch ihre Saalveranstaltungen zu stören. Dass der Anti-Islamisierungskongress von Pro Köln verhindert wurde, Kögida sich nicht etablieren und HoGeSa kein zweites Mal die Stadt zerlegen konnte, daran haben wir mitgewirkt. Jede einzelne dieser Gruppierungen und auch die AfD stehen in verschiedenen Variationen gegen eine Gesellschaft, in der Menschen frei von Diskriminierung aufgrund ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung leben können. Was wäre wohl in letzter Konsequenz passiert, wenn man sie hätte laufen lassen, ihnen zugehört, sie hätte machen lassen? Eine gleichberechtigte Gesellschaft entsteht nicht von selbst, man muss dafür kämpfen.
Sich dafür beleidigen lassen zu müssen, zeigt, wie sehr hier die Verhältnismäßigkeit im ganzen Diskurs verrutscht ist. Gewaltfrei zu verhindern, dass dem Vertreter einer rassistischen Partei eine Bühne geboten wird, ist also plötzlich das größte Problem für diese Demokratie, während jeden Tag ein Flüchtlingsheim brennt, Menschen systematisch diskriminiert und ausgegrenzt werden und Grundrechte mit immer brutaleren Mitteln beschnitten oder ganz entzogen werden?
Talking is over – action is on!
Was alle, die so gerne mit der AfD reden, effektiv dagegen zu tun gedenken, würde uns auch mal interessieren. Wir tun solange erst mal alles dafür, der AfD den Boden zu entziehen und wir rufen alle dazu auf, es mit uns zu tun.
Am kommenden Montag, den 13.6.2016 hat die Kölner AfD eine FPÖ-Vertreterin nach Rodenkirchen eingeladen, um über das Thema „Wie das Projekt EU Europa zerstört“ zu refererieren. Wir sind schon ganz gespannt, welche überraschenden Positionen hier wohl unter den rechtspopulistischen, europafeindlichen Gesinnungsgenoss*innen ausgetauscht werden! Um den Eiertanz abzukürzen schlagen wir vor, das Ganze zu verhindern!
Wir treffen uns dafür Montag um 18 Uhr an der Haltestelle Bahnhof Rodenkirchen !