KÖLNER ZUSTÄNDE

Demo gegen die Zustände in der Unterkunft Humboldt/Gremberg
Demo gegen die Zustände in der Unterkunft Humboldt/Gremberg
Rassismus ist niemals Fair Play!

Geflüchtete, die in einer Turnhalle im Kölner Stadtteil Humboldt/Gremberg untergebracht sind, klagten erstmals am Mittwoch, den 17.2.2016, die Zustände in dieser Flüchtlingsunterkunft an. Die Vorwürfe sind umfassend und reichen von unzumutbaren hygienischen Zuständen bis zu sexualisierten Übergriffen auf Frauen* der Unterkunft. Zunächst weigerten sich die Frauen, der Polizei gegenüber auszusagen, mittlerweile gab es aber mehrere Aussagen. Im Gespräch mit der Presse erzählten mehrere Frauen, beim Stillen von Sicherheitsleuten gefilmt worden zu sein. Es gab eindeutige sexuelle Auffoderungen und Belästigungen. Auch in den Duschen waren die Frauen vor den Sicherheitsleuten nicht sicher.

Vorwürfe, die erschreckend sind. Und die sogar den Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, gegenüber der Tagesschau zu einer klaren Äußerung veranlassten: „Wir müssen davon ausgehen, dass sexuelle Übergriffe und Grenzverletzungen in allen Flüchtlingsunterkünften in Deutschland passieren.“ Dringend erforderlich sei ein Verbot für Wachleute in Unterkünften, Fotos von den dort lebenden Menschen zu machen.

Doch in der öffentlichen Reaktion wurden die Frauen erstmal als Lügnerinnen dargestellt. Kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe war sich der Kölner Flüchtlingsrat nicht zu blöde, gegenüber der Presse zu behaupten, diese könnten nicht stimmen.

Unisono mit einem Vertreter der zuständigen Sicherheitsfirma Adler-Wache darf er öffentlich kundtun, dass die Geflüchteten von politischen Gruppen, sprich Linken, benutzt würden. Angeblich als Retourkutsche wegen Sylvester. Die Sicherheitsfirma brachte es dann sogar noch zu der Darstellung, dass die wahren Opfer die beschuldigten Sicherheitsleute seien.

Wo bleibt die Solidarität mit den betroffenen Frauen*? Wo bleibt ein Verständnis für das Zögern der Frauen*, vor der Polizei (zunächst nur mit männlichen Dolmetschern vor Ort vertreten) auszusagen? Wieso gibt es kein Verständnis für traumatisierte Frauen*, die kein Vertrauen in die Polizei haben, weil sie von genau dieser Polizei Abschiebung befürchten? Frauen, die zudem angeben, von den Sicherheitsleuten mit Abschiebung bedroht worden zu sein.
Allen Betroffenen von sexualisierten Übergriffen fällt es schwer, über das zu reden, was ihnen angetan wurde! Die betroffenen Frauen* von vornherein der Lüge zu bezichtigen, schädigt sie in doppelter Weise.

Was ist an den Vorwürfen denn so unvorstellbar? Ebenfalls in NRW, in Burbach, wurden vor anderthalb Jahren grässliche Missbrauchsfälle in der dortigen Flüchtingsunterkunft bekannt. Wären nicht Fotos der grässlichen Folterungen öffentlich gemacht worden, sondern hätten „nur“ die Geflüchteten davon erzählt, wäre ihnen geglaubt worden?

Allein vor diesem Hintergrund hätte nach Bekanntwerden der Vorwürfe in Köln sofort dem zuständigen Sicherheitsdienst, der Adler-Wache, die Betreuung der Unterkunft entzogen werden müssen. Auf gar keinen Fall hätte die Presse ihm Raum für die Opfer-Inszenierung geben dürfen.

Hinter dieser rassistischen Berichterstattung verschwinden die anderen Vorwürfe leider vollkommen. Vorwürfe über unhaltbare Lebensumstände in der Unterkunft. Klagen über keinerlei Privatsphäre, sprich keinerlei Schutzraum für sämtliche dort lebende Geflüchtete. Niemand hat sich vor dem Protest der Bewohner*innen darum oder um die Verpflegung und hygienischen Zustände geschert. Diese ganzen Vorwürfe lassen sich komplett übergehen, wenn die öffentliche Wahrnehmung allein darum kreist, ob den Frauen* die sexuellen Übergriffe zu glauben seien.

In ein ähnliches Horn wie der Sicherheitsdienst blies auch der Kölner Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes, Betreiber der Geflüchtetenunterkunft, der zu den Vorwürfen sagte: „Das ist kein Fair Play“.

Zu wieviel „Fair Play“ die Adler-Wache fähig ist, zeigte auch das Auftreten der am Samstag, den 20.2.2016, eingesetzten Sicherheitsleute, während einer Solidaritätsdemo vor der Unterkunft. Zunächst versuchten sie, durch Verstellen des Weges die Geflüchteten daran zu hindern, zu den Unterstützer_innen zu gelangen. Als ihnen klar wurde, dass sie dabei fotografiert wurden, versuchte eine nach vorne geschickte Adler-Wachen-Mitarbeiterin die Bewohner_innen herrisch in die Halle zurück zu scheuchen. Einige Geflüchtete ließen sich einschüchtern, andere kamen zu den Unterstützer_innen und konnten ihre Anliegen kundtun.

Wir fordern Solidarität mit den Geflüchteten! Wir fordern eine menschenwürdige Unterbringung und eine besondere Sensibilität bezüglich sexualisierter Übergriffe und Gewalt!
Betroffene Frauen – in Humboldt/Gremberg sowie überall – brauchen besondere Unterstützung.

Gegen Rassismus – gegen Sexismus!